Auszug aus meinem E-Book "Marel's weihnachtliches Sammelsurium"

Die Magie der geheimnisvollen und heiligen zwölf Raunächte!

 

Dass das Weihnachtsfest genau in dieser Zeit gefeiert wird, weil die christlichen Kirchenfürsten von den heidnischen Festivitäten der Raunächte ablenken wollten, weiß vermutlich jeder. Aber was es für ein bedeutendes Fest war, dass man es unbedingt eliminieren wollte, ist vielleicht nicht jedem bekannt.

 

Viele Traditionen, Bräuche oder sogar aus der Kindheit vertraute Sagen- und Märchengestalten haben in den Raunächten ihren Ursprung. Vieles hat sich bis in die heutige Zeit, oft unter einem christianisierten Namen, hinübergerettet. Trotzdem kann man sogar manchmal noch den heidnischen Ursprung erkennen.

 

Es in nur einem Kapitel zusammenzufassen, denn immerhin ist es der Vorläufer unseres wichtigsten Jahresfestes, wird der Bedeutung der Raunächte für unsere Vorfahren bei weitem nicht gerecht und ich hoffe, die Göttin wird es mir nachsehen.

 

Raunächte – was ist das?

 

Die zwölf Raunächte sind vielleicht nicht jedem ein vertrauter Begriff. Auch die Denkweisen unserer Vorfahren sind uns heutzutage eher fremd und oft nicht mehr nachvollziehbar. Man lebte im Einklang mit der Natur bzw. den Jahreszeiten und die Anderswelt war noch ein wichtiger Bestandteil des Lebens. So war es nicht verwunderlich, dass wichtige Feste mit kosmischen Großereignissen verbunden wurden. Dazu gehörte natürlich auch die Sonnenwende, schließlich ist die Sonne der Motor allen Lebens auf unserer Erde. Das was wir heutzutage zu diesem Thema wissen, haben unsere Vorfahren zumindest geahnt. Und genau daraus ist ein harmonisch ineinandergreifendes Netzwerk von Sonnen-, Toten- sowie Fruchtbarkeitsriten und symbolischen Handlungen zur Neuaktivierung menschlicher und natürlicher Kraft entstanden.

 

Die Raunächte begannen am Tag der Wintersonnenwende, der längsten Nacht des Jahres. Heute ist es die Nacht vom 21. auf den 22. Dezember, früher war es die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Durch die gregorianische Kalenderreform hat sich dieses Naturereignis datumsmäßig um einige Tage nach vorn verschoben. In den kommenden 12 Tagen folgten unzählige Rituale und Bräuche, die je nach Region sehr unterschiedlich zelebriert wurden. Beendet wurden die Feierlichkeiten in der zwölften Nacht mit dem Perchtenlauf in der Perath-Nacht.

 

Warum gibt es ausgerechnet zwölf Raunächte und woher kommt der Name?

 

Zwischen einem Sonnenjahr und einem Mondjahr ergibt sich eine Differenz von 12 Nächten, weil das Sonnenjahr aus 365 Tagen besteht, das Mondjahr hingegen nur aus 354 Tagen. Diese fehlenden 12 Nächte bezeichnete man als die zeitlosen Nächte - heute sagt man die Zeit zwischen den Jahren - in der die Welt oder die Natur inne hält, um sich wieder langsam dem Licht zuzuwenden. Die Sonne gewinnt wieder die Oberhand und die Tage werden länger.

 

Der Name "Raunächte" war nur eine unter vielen Bezeichnungen für diese zwölf heiligen Nächte, wenn vielleicht auch der gebräuchlichste. Man kannte sie auch unter dem Namen:

  •  Wolfsnächte, weil früher in dieser Zeit die Wölfe, auf der Suche nach Nahrung, den Behausungen der Menschen sehr nahe kamen und somit ihr unheimliches Heulen besonders deutlich hören konnte. Zudem sagte man, dass der Wolf eine enge Verbindung mit dem Ahnenreich hat.
  • Glöcklenächte, weil man 12 Nächte lang die Glocken läutete, um böse Geister fernzuhalten.
  • Losnächte oder Lösselnächte, weil man in diesen Nächten besonders intensiv die Zukunft orakelte und sein persönliches Glück erforschte und herausfinden wollte, womit oder mit wem man "sein großes Los" gezogen hat oder ziehen wird. Ein Spruch der heutzutage durchaus noch häufig gebraucht wird, wenn man großes Glück treffend und prägnant beschreiben will.

Das Wort Raunacht könnte man auf ersten Blick missverstehen, wenn man es nach heutiger Auffassung auslegt. Es hat aber absolut nichts mit Gewalt oder rauhem Leben zu tun, wie man vielleicht denken könnte. Die Bedeutung geht in eine ganz andere Richtung. Aus dem Wort Rauchnacht wurde Raunacht. In diesen zwölf heiligen Nächten wurden die Räume eines Hauses mit Bilsenkraut, Holunder, Salbei, Weihrauch oder Fichtenharz ausgeräuchert. Man wollte so Infektionsgefahr vermeiden, böse Geister fernhalten und Unheil abwenden. In einem geeigneten Behälter oder auf einer Schaufel wurde Glut aus dem Herd oder von der Feuerstelle gegeben, darauf legte man Weihrauch und/oder geweihte Kräuter und ging damit durch die Räume. In manchen Gegenden wurde über dem Rauch eine Kopfbedeckung gehalten, so dass es sich mit Rauch gefüllt hat, und dann aufgesetzt. Man glaubte, dass man dadurch ein Jahr vor Kopfschmerzen gefeit wäre. Der Brauch des Ausräucherns des eigenen Heimes und Stalles um die Feiertage herum, um Böses fernzuhalten, hat sich in vielen ländlichen Gegenden bis heute erhalten.

 

Nach einer anderen Interpretation geht das Wort Raunacht auf ruch (=> haarig) zurück und damit sind die dunklen Gesellen gemeint, die während der Wilden Jagd mit der Percht unterwegs sind.

 

Raunacht wird es genannt, weil wir uns nach dem keltischen Jahreskreis in der Jahresnacht (Winter) befinden. Somit ist der gesamte Tag eine Nacht.

 

Eine hervorragende Voraussetzung, um diese Zeit als eine mystische Übergangszeit einzurichten. In den Raunächten vollziehen sich wieder der Übergang von der Dunkelheit zum Licht und der Wandel vom Alten ins Neue Jahr.

 

Raunächte sind hauptsächlich Orakelnächte

 

Unsere Vorfahren haben diesen Übergang immer als kritisch und mystisch empfunden, wo man sich mit Ritualen, Zauber-, bzw. Bannsprüchen oder religiöse Handlungen vor Bösem geschützt hat. Schließlich hatte man die große Chance auf einen Neuanfang in greifbarer Nähe und die Aussicht auf bessere Zeiten war so verlockend, dass man sich mit den Bitten an eine höhere Macht zusätzlich absichern wollte. Man sagte, dass sich in diesen Nächten die Tore zur Anderswelt öffnen würden und die Geister und Verstorbenen Ausgang haben. Eine gute Gelegenheit, sich mit der Anderswelt zu verbinden, gut zu stellen und zu orakeln, Geister zu beschwören oder Ahnenarbeit zu betreiben. Und das taten unsere Vorfahren während der zwölf heiligen Nächte mit großer Leidenschaft, schließlich wollte jeder genauestens im Bilde sein, was ihn die nächsten zwölf Monate erwarten würde. So konnte es durchaus passieren, dass während der Rituale die Phantasie und Realität verschwammen und während der Raunächte:

 

  • Tiere reden können
  • Bäume blühen und Früchte tragen
  • die Glocken versunkener Kultstätten läuten.
  • versunkene Schlösser und Schätze emporsteigen.
  • Zwerge zu Besuch kommen und bewirtet werden wollen.

Doch zuvor musste man sich gut vorbereiten. Aufräumen, entrümpeln und ordnen in jeglicher Hinsicht war angesagt, denn man war der Meinung, dass Unordnung schlechte Energien anziehen oder Krankheiten verursachen würde. Mit vielfältigen Ritualen versuchte man deswegen, das Böse zu bannen. Es wurden z.B. in den Raunächten Besen gebunden, um Krankheitsdämonen und böse Geister aus dem Haus zu fegen oder fehlende Knöpfe wurden ersetzt, damit man keine Geldverluste erleidet. Aber es sollte zu Beginn der Raunächte nicht nur Heim und Hof vor Sauberkeit erstrahlen. Es wurden auch Schulden beglichen, Geliehenes zurückgebracht, Streit beigelegt oder Dinge erledigt, die man vor sich hergeschoben hat. Zu guter Letzt stellte man den Besuchern aus der Anderswelt etwas zu essen und zu trinken vor die Tür, um sie gnädig zu stimmen und deren Segnung oder Weihung des eigenen Heims zu erbitten. So konnte man - nach altem Volksglauben - offen, mit guten Gewissen und ohne Altlasten der Magie der wohlgesonnenen Anderswelt, den Seelen der Ahnen oder sogar Gottheiten begegnen.

 

Aber nur, wenn man sich an die „Spielregeln“ gehalten hat. Wenn nicht, so glaubte man, konnten die Geister und Fabelwesen im folgenden Jahr zur Bedrohung für Mensch und Tier werden. So war es während der zwölf heiligen Nächte strengstens verboten,

  • Glückspiele zu spielen.
  • dass Frauen und Kinder nach Anbruch der Dunkelheit vor die Tür gehen.
  • Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, erlaubt war nur Kranken- und Babywäsche.
  • Räder laufen zu lassen, egal ob Mühlräder, Spindeln oder Wagenräder.
  • Wäsche zu waschen.
  • laut mit den Türen zu knallen.
  • Hülsenfrüchte zu essen, weil man sich sonst Geschwüre zuzieht.

Es wurde wirklich sehr viel geweissagt und auf verschiedenste Weise orakelt. Dazu wurde alles beobachtet: wie das Essen geschmeckt hat, ob man sich streitet, erkrankt ein Familienmitglied, läuft alles glatt oder gab es Probleme. Wenn ja, welche Probleme und wann tauchten sie auf? Wirklich alles hatte seine Bedeutung!

 

Dem Wetter wurde während der Raunächte besonders viel Beachtung geschenkt. Schließlich lebten die meisten unserer Vorfahren von der Landwirtschaft und waren von den Witterungsverhältnissen abhängig. Auch setzten sie danach den Zeitpunkt der Aussaat fest. Das Orakeln mit den Wetterbedingungen sprach aber nicht nur für sich selbst, sondern zeigte auch allgemein die Entwicklung des Wetters über das Jahr an. So sagte man, dass

  • viel Wind für ein unruhiges Jahr spricht.
  • Nebel viel Nässe ankündigt.
  • Nebel außerdem für Dinge steht, die noch im Unklaren liegen, aber bereinigt werden wollen.
  • helles und klares Wetter gute und trockene Zeiten ankündigt.
  • Eisblumen, Reif oder Schnee auf den Bäumen ein fruchtbares und ertragreiches Jahr versprechen.

Dem Sonnenschein wurde natürlich auch orakelhafte Bedeutung zugeschrieben. So bedeutet Sonnenschein am Tag der

  1. Raunacht: Es wird ein glückliches neues Jahr werden
  2. Raunacht: Preiserhöhungen stehen an.
  3. Raunacht: Streitigkeiten kommen auf.
  4. Raunacht: Fieberträume werden plagen.
  5. Raunacht: Es wird eine gute Obsternte.
  6. Raunacht: Alle anderen Früchte gedeihen prächtig.
  7. Raunacht: Die Viehweiden tragen saftige Kräuter.
  8. Raunacht: Fische und Vögel sind zahlreich.
  9. Raunacht: Gute Kaufmannsgeschäfte stehen ins Haus.
  10. Raunacht: Unwetter kommen.
  11. Raunacht: Nebeltage treten vermehrt auf.
  12. Raunacht: Zwist und Hader kommt auf.

Wenn Hunde in den Raunächten bellen, glaubte man, dass der Gedanke, den man gerade gedacht hat, richtig war. Bellt ein Hund aber um Mitternacht, so würde jemand im kommenden Jahr sterben. Wenn sich eine unverheiratete Frau zu den Raunächten auf einen Kreuzung begibt, wird sie dort den zukünftigen Bräutigam sehen. Ansprechen durfte sie ihn jedoch nicht, da das ihren Tod bedeutet hätte. Kinder, die während der Raunächte auf einem Samstag oder Sonntag geboren wurden, sagte man magische Fähigkeiten nach. In der Nacht zum neuen Jahr sollte man in der ersten halben Stunde nach Mitternacht alle Türen und Fenster verschließen - außer der Hintertür, weil durch sie der Segen ins Haus kommt. Am Silvesterabend konnte man am Zaun des Nachbarn rütteln, damit im neuen Jahr dessen Hühner zum Eierlegen auf das eigene Grundstück kommen.

 

Jede Nacht der zwölf heiligen Raunächte stand für jeweils einen Monat des Jahres und hatte entsprechend sein Thema:

  1. Raunacht = Januar (die Basis - Grundlage)
  2. Raunacht = Februar (innere Stimme, innere Führung, höheres Selbst)
  3. Raunacht = März (Herzöffnung, Wunder zulassen)
  4. Raunacht = April (Auflösung von Blockaden)
  5. Raunacht = Mai (Freundschaft)
  6. Raunacht = Juni (Bereinigung)
  7. Raunacht = Juli (Vorbereitung auf das Kommende)
  8. Raunacht = August (Geburt des neuen Jahres)
  9. Raunacht = September (Segen, Weisheit)
  10. Raunacht = Oktober (Verbindung, Visionen, Eingebungen)
  11. Raunacht = November (Loslassen, Abschied nehmen)
  12. Raunacht = Dezember (Reinigung, Transformation)

Man sagte auch, wer in diesen Nächten träumt, bekommt Aufschluss darüber, was in dem folgenden Jahr passieren wird. Träume vor Mitternacht sollten sich in der ersten Monatshälfte und Träume nach Mitternacht in der zweiten Hälfte des jeweiligen Monats erfüllen. Auch in vorchristlichen Zeiten wollte man schon "über etwas schlafen", weil man sich so die richtige Antwort oder Entscheidung im Schlaf erhoffte.

 

Es gab schon eine Menge Dinge, die es zu beachten galt und für den Fall, dass man sich negative Aussichten orakelte, hatte man vorgesorgt. Dafür waren die sogenannten Verwandlungstage geschaffen worden, um negative Ereignisse wieder zu erlösen. Hatte man also z.B. schlechte Träume oder Streit, konnte man am 28. Dezember (zur Halbzeit) oder am 5 Januar (dem letzten Tag) alles wieder auflösen. Dazu musste man sich die Vorkommnisse nochmal genau ins Gedächtnis rufen, um es dann in weißes oder violettes Licht tauchen, um es in etwas Positives zu verwandeln.

 

Heutzutage wird bei uns noch immer gerne in der Silvesternacht orakelt, wie z.B. mit Bleigießen – allerdings eher als geselliger Zeitvertreib. In anderen Ländern wird an den Weihnachtstagen orakelt.

 

Eine Zeit voller Rituale und Bräuche

 

Mit der Wintersonnenwende begannen, wie bereits erwähnt, die Raunächte. Die Dunkelheit hatte bereits ihren Kampf verloren, war gebannt, zog sich zurück und das Licht gewann langsam wieder die Oberhand. Diese erste und sehr wichtige Nacht der zwölf heiligen Nächte hat je nach Region mehrere Namen und ist – so wie alle Rauhnächte - sehr stark von den hiesigen Traditionen geprägt, wobei der Anlass, nämlich die Wiedergeburt des Lichtes, überall identisch ist:

  •  Julnacht, das Fest der Sonne und Erde. Die Tage nach dem Julfest würden wieder heller werden, deswegen schwor man sich bei den Feierlichkeiten neue Heldentaten und bat die Götter um Fruchtbarkeit. Aus diesem Grund wurden in den zwölf Tagen der Rauhnächte Heim und Hof mit immergrünen Zweigen, wie Rosmarin, Eibe, Mistel, Wacholder, Stechginster, Vogelbeere, Föhren, Fichten oder Tannen, geschmückt. Es ist eine Zeit der Stille und Einkehr, der Segnung und Weihung. Man reinigt (durch das Räuchern) und bereitet vor, betreibt Vorausschau (durch das Orakeln) auf das, was kommen könnte. Das Julfest, vermutlich zu Ehren des Göttervaters Odin begangen, ist nordischen Ursprungs, was sich allein schon an den Namen Jul (altnordisch: Jol) unschwer erraten lässt. Auch heute noch hat Odin den Beinamen Jolnir. Er veranstaltet in den Rauhnächten auf seinem sagenhaften Pferd Sleipnir wilde Ritte mit einem wilden Heer, dem Jolareidi (Wer jagt heutzutage am Heiligabend in seinem von Rentieren gezogenen Schlitten wild durch die Lüfte und ruft laut „Ho Ho Ho“? Richtig! Der Weihnachtsmann!). Der fliegende Schamane (Weihnachtsmann) besucht jeden Weltenbaum (Weihnachtsbaum) und beschenkt dessen Verehrer (uns). Das Wort Jul lässt sich etymologisch als Zauber- oder Beschwörungsfest deuten, Odin war demnach der Jul-Zauberer oder –Schamane. Je nach Region beinhaltet das Julfest verschiedene Traditionen. Zum Beispiel war das Jultrinken ein fester Bestandteil des Festes. Der Julbock, der wahrscheinlich auf Odins Ziegenböcke (die Odins Wagen ziehen) zurückgeht, spielte eine wichtige Rolle. Man war in vorchristlicher Zeit davon überzeugt, dass sich zum Julfest ein dämonischer Julbock den Häusern der Menschen näherte, um dort einzudringen. In vielen Dörfern war es üblich, dass die Jungen sich als Julbock verkleideten, um Menschen zu erschrecken oder böse Geister zu vertreiben. In einigen Regionen wurden damit zusammenhängende Schauspiele vorgeführt, während der Julbock in anderen Regionen durch Julbier besänftigt wurde. Gerade in nordischen Ländern brachte der Julbock zum Julfest auch die Geschenke – bis der Weihnachtsmann ihn verdrängte. Gleichzeitig war er ein wichtiges Symbol der Fruchtbarkeit. In Skandinavien wurde das Fest nicht unterdrückt. Im Gegenteil, es entwickelte sich beständig mit vielen neuen Bräuchen weiter. So gesellte sich zum Julbock und dem Jultrinken das Julstroh, welches ausgelegt wurde, um unsichtbaren Besuchern als Bett zu dienen. In vielen Orten wurden Julfeuer veranstaltet, die aber bald von der Obrigkeit verboten wurden, weil sie den Glanz des christlichen Weihnachtsfestes nicht trüben sollten. Das Julfest wurde über 5 Jahrhunderte parallel zum christlichen Weihnachtsfest gefeiert, bis Karl der Große es im Jahre 800 bei Todesstrafe verboten hat. Ein uralter heidnischer Glaube lässt sich aber nicht mal eben aus den Köpfen des Volkes vertreiben. So wurde in ganz Europa das Weihnachtsfest auf den 24. oder 25. Dezember gelegt, um dem Volk eine christliche Alternative zu den heidnischen Ritualen zu bieten. Mit den Jahrhunderten setzte sich das Weihnachtsfest durch und das Julfest wurde nach und nach auf den skandinavischen Raum verdrängt. Es gibt einige moderne Bewegungen, die das Julfest wieder traditionell feiern, wie z.B. Wicca und die New Age-Bewegung. Man greift alte Bräuche auf, soweit sie bekannt sind. So treffen sich beispielsweise wieder seit vielen Jahren zur Wintersonnenwende zahlreiche Menschen, um am berühmten Steinkreis von Stonehenge, an den Externsteinen im Teutoburger Wald oder an der großen Maya-Pyramide in Chichén Itzá auf Yukatan/Mexico das Julfest zu feiern. Heutzutage wird das Julfest begangen, um die Wiedergeburt der Sonne und die wieder länger werdenden Tage zu feiern. Der Name Jul geht vermutlich auf das gotische Wort giuo zurück, was „Rad“ heißt und auf das Sonnensymbol der Julzeit hindeutet. Man zündete dem Brauch nach Sonnenräder aus Stroh an, um sie im Schnee einen Abhang hinunterrollen zu lassen.
  • Mutternacht (althochdeutsch: Modranecht) wurde die Nacht der Wintersonnenwende auf den Britischen Inseln, Island und Deutschland genannt. Man erzählte sich, dass das Sonnenkind in der dunkelsten und tiefsten Nacht des Jahres unter dem Weltenbaum von der Göttin geboren wurde. Somit wird das Versprechen der Wiedergeburt eingehalten. Dies gab den Menschen Mut, Hoffnung und Kraft, die bevorstehende schwere Zeit (der Winter hat ja gerade erst angefangen) mit Zuversicht zu meistern. Ab dem Zeitpunkt der Geburt durfte sich kein Rad mehr drehen, weder ein Spinnrad, Mühlrad oder Wagenrad. Erst nach Ablauf der 12 heiligen Tage setzte der goldborstige Eber (germanisch: Gullinborsti), das Tier des gütigen Gottes der Fruchtbarkeit Freyr, das Jahresrad wieder in Bewegung. Zu Ehren des Gottes Freyr wurde jedes Jahr ein Wildschwein geschlachtet. Noch immer sind heutzutage Schinken oder Schweinesülze in vielen Regionen traditionelle Festessen zu Weihnachten. Auch das Glücksschwein aus Marzipan, welches wir zum Neujahrstag verschenken, hat in diesem Brauch seinen Ursprung. Ursprünglich wurde die Rückkehr der Kosmischen Mutter zur Wintersonnenwende gefeiert. Sie erweckte auf magische Weise als Dreifaltigkeit – als Mutter Erde, Frau Mond und Frau Sonne - das Licht zu neuem Leben. Deswegen hat man diese heilige Nacht auch als Mutternacht gefeiert. Nicht der Gottessohn und der Vater standen im Mittelpunkt, sondern die Mutter, die am Anfang allen Lebens steht und somit auch am Anfang der Schöpfung und am Anfang von Religion. Die Kosmische Mutter war nachweislich schon in der Altsteinzeit, im Paläolithikum, bekannt. Die Kelten erschienen erst circa 600 v.Chr. und gehören zu den kriegerischen Reiterkriegern, die zwar die Alte Religion noch kannten, aber sie stehen auch, wie alle indoeuropäischen Völker, für den Anfang der Zerstörung der Zivilisation der Mütter in Alteuropa und das patriarchale Christentum besorgte schließlich den Rest. Während es bei den Kelten, den Germanen, den Griechen und Römern noch Göttinnen gab, verlor die Kosmische Mutter durch den christlichen Vater-Gott-Monotheismus ihre Göttlichkeit und wurde leider zu einem passiven Gefäß des Mannes degradiert.
  • Alban Arthuan ist eine weitere alte Bezeichnung für die Wintersonnenwende und bedeutet das Licht des Arthur. Die Druiden betrauerten den scheinbaren Tod des Lichtes, um sofort in die freudigen Feiern über das Wunder der Wiedergeburt des Lichtes überzugehen. Damit ist klar, dass es sich um Feierlichkeiten keltisch-irischen Ursprungs handelt. Das Lichtkind liegt geschützt in den Armen der tief dunklen Mutter(-Erde). Wir feiern also zur dunkelsten Zeit des Jahres die Rückkehr des Göttlichen Kindes, der goldenen wiedergeborenen Sonnwend-Sonne, die die Erde wieder wärmen und Leben zurückbringen wird. Das Rad des Jahres dreht sich über den Tod hinaus und bewegt sich auf neues Licht und neues Leben zu. Eine der wichtigsten Legenden, die man sich zu den Feiern des Alban Arthuan erzählt, ist die vom ewigen Kampf gibt zwischen dem Oak King (Gott des zunehmenden Lichtes), bzw. dem Divine Child (göttliches Kind) und dem Holly King (Gott des abnehmenden Lichtes), bzw. dem Dark Lord (dunkler Herr). Zur Wintersonnenwende gewinnt der Oak King, zur Sommersonnenwende wird er vom Holly King besiegt. Der zentrale und grundlegende Gedanke von Alban Arthuan ist die Erneuerung und die folgenden Nächte wurden als Vorausschau auf das kommende Jahr genutzt. Das Vergangene lassen wir hinter uns und begrüßen das Neue. Die Welt befindet sich im beständigen Wandel und wir kommen nicht daran vorbei, uns dem anzupassen, wenn wir überleben wollen. In diesem Wissen feiern die Menschen seit jeher Feste, um sich rituell von Begegnungen, Beziehungen oder Erfahrungen des alten Jahres zu lösen und sich mit heiligen Zeremonien dem zu öffnen, was das Leben an Neuem für uns bereithält. Medizin, rituelle Gegenstände, Wasser oder andere Dinge wurden in diesen Tagen auch geweiht. Alban Arthuan ist außerdem eine gute Gelegenheit, einmal über die Bedeutung der Sonne nachzudenken, denn wir sind von der Sonne abhängig. Die Sonne gibt Tages- und Jahreszeiten vor, entscheidet über das Wachstum der Pflanzen und damit über die Existenz aller Lebewesen, reguliert Hitze und Kälte. Wir wissen heute, dass die Sonne im Lauf der Jahreszeiten zurückkommen wird, aber für unsere Vorfahren war das nicht so selbstverständlich, zumal sie den Unbilden des Winters in ganz anderer Weise ausgesetzt waren als wir heute. So ist es durchaus nachvollziehbar, dass Alban Arthuan für sie mehr als das Vorüberziehen eines Datums war. Die gewaltige jungsteinzeitliche Grab- und Tempelanlage Newgrange im irischen Tal des Boyne River, circa 40 km nördlich von Dublin, ist für die Menschen, die Alban Arthuan feiern, ein wichtiger Versammlungsort. Diese Tempelanlage wird auf rund 4500 Jahre geschätzt. In Newgrange, auch Brú na Bóinne genannt, findet jedes Jahr zum Sonnenaufgang der Wintersonnenwende ein Licht-Schauspiel statt, welches selbst seinen weltberühmten Bruder Stonehenge in Südengland in den Schatten stellt und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Das Sonnenlicht leuchtet durch einem eigens eingebauten Fenster in den Tempel hinein, einen 20 Meter langen Gang entlang, um an dessen Ende auf große Steine zu treffen, in die Bilder, Spiralen, Symbole, etc. eingeritzt sind. 17 Minuten lang wandert das Licht über diese geritzten Bilder, als wollte es eine Geschichte erzählen. Leider ist es bisher nicht gelungen, diese zu enträtseln.

(Copyright by Marel Jeremiah)

 

Das ist noch längst nicht alles, was es zu diesem Thema zu sagen gibt. Wer mehr erfahren möchte, kann dies in meinem E-Book "Marel's weihnachtliches Sammelsurium" nachlesen.